Großer Preis von Malaysia 2013

Der Fahrer

Der Fahrer versteht, aber er weiß, dass er sich nichts sagen lassen wird. Er kennt sein Ziel und niemand rüttelt daran. Aus dem Unterbewusstsein schreit sein unbändiger Wille und gewinnt zunehmend die Oberhand.

 

Serengeti Löwe (Schuyler Shepherd)

Serengeti Löwe (Schuyler Shepherd)

 

Er kann hier keine Rücksicht nehmen; muss sich durchsetzen. Genauso wenig wie ein Löwe seine Beute zu verschonen vermag, kann er sich mit dem zweiten Rang zufrieden geben. Und so wütet in ihm die Ansage seines Teams Vorsicht walten zu lassen. Zwar bejaht der Geist, aber seine Natur rebelliert. Ich, der Beste, lasse mich nicht einhegen. Mit mir werdet ihr das nicht machen!

 

Die Empörung weckt ihn vollends, lindert die Erschöpfung; sein Blut kocht jetzt wieder in den Adern, der Furor wächst, er ist eins mit der Maschine. Sein Instinkt wird die nächste Chance nutzen. Er spürt den Kontrahenten vor sich. Dessen Gebaren spricht bereits von Misstrauen und Furcht. Er traut ihm nicht. Beide fliegen nun um die Haarnadel und prügeln ihre Wagen auf die lange Gerade. Die Motoren jauchzen und mit höchstem Schub jagen die Ritter voran.

 

Er hat die Fährte aufgenommen und saugt sich im Windschatten an den Kontrahenten heran. Der Fahrer denkt jetzt nicht mehr, sondern handelt. Kurz vor dem Ende der Gerade reißt er seinen Wagen nach rechts, weg von der Ideallinie in Richtung Mauer. Der Kontrahent wird überrumpelt, hatte den Angriff auf der linken Seite erwartet, geht dazwischen und zwingt den Fahrer in Höchstgeschwindigkeit auf wenige Zentimeter an den Beton heran. Für einen Moment steht die Zeit still, der Atem stockt.

 

Der kühle Wille des Fahrers befiehlt ihm Bruchteile einer Sekunde länger Gas zu geben als der Kontrahent. Dennoch fliegen die Wagen Seit and Seit in die Kurve. Der Fahrer bleibt standhaft und hält die Spur. Rechts links rechts, der Fahrer verteidigt hartnäckig die Kampflinie. Vor der nächsten Gerade kann er so früher beschleunigen. Der Wagemut hat sich gelohnt. Er führt.

 

Später wird er sagen: „Ich habe Mist gebaut.“ Und vielleicht zweifelt er gar und erkennt sich oftmals in der Hitze des Gefechts nicht wieder. Tief in seinem Inneren jedoch weiß der Fahrer, dass er richtig handelt und dass er gar nicht anders kann.

 

 

Kommentare

4 Kommentare zu “Der Fahrer
  1. Fantomas sagt:

    Wow, welch ein Rennen. Schönste Kaltblütigkeit!

  2. Sportfreund sagt:

    Lässige Reaktion Webbers, die Punkte hat trotzdem Vettel. Emotionen legen sich, Rekorde bleiben…

  3. […] beteuert seinen Anspruch Team und Feld anzuführen durch ein großes unerhöhrtes Überholmanöver. “Ich, der Beste, lasse mich nicht einhegen. Mit mir werdet ihr das nicht machen!” Reflex und […]

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