Rückblick auf das deutsche Sportjahr

Sportnation 2012

2012 war ein bewegtes Jahr für die Sportnation. Tiefsten Abstürzen im Champions-League-Finale und bei der EM folgten höchste Triumphe wie die des Deutschlandachters, der Hockey-Herren und Sebastian Vettels. Wir schauen in Exzerpten auf das Jahr zurück und lassen es noch einmal Revue passieren. 2012: ein feiner Jahrgang.

Die Tower Bridge mit den olympischen Ringen (Rmcharb)

Die Tower Bridge mit den olympischen Ringen (Rmcharb)

Deutsche Fußballmeisterschaft

Die Ruhrpott-Preußen sind wieder ein würdiger Meister

„Der Meister verteidigt bereits am Strafraum des Gegners, schaltet stets blitzschnell um und münzt die Energie der Ballabnahme in Offensivdrang. Diese Mannschaft zeichnet sich durch höchste Präzision in Passspiel aus und hat auch ihre Chancenverwertung gegenüber der letzten Saison stark verbessert. Die Borussia ist in der Breite besser aufgestellt als alle Gegner, Einwechselspieler bedeuten nie einen Qualitätsverlust. Sogar der Ausfall des besten Spielers der Hinrunde (Götzinho) konnte perfekt kompensiert werden.  Es ist schon bemerkenswert was Klopp dort geformt hat. Gerade auch weil diese Saison kein Gegner den Dortmundern den Gefallen tat sie zu unterschätzen, ist die Leistung nicht hoch genug einzuordnen.“

 

Bayerns grandioser Sieg im Champions-League-Halbfinale

Ein Spiel wie zehn Tassen Kaffee

„Es gibt diese langweiligen Fußballspiele und man denkt sich: ” Welch Zeitverschwendung!” Und dann gibt es Spiele wie das Champions-League-Halbfinale am Mittwoch Abend, welche das Gefühl vermitteln die Zeit bliebe stehen und welche dann für zehn langweilige Spiele über Gebühr entschädigen. Wenn dem gefesselten Zuschauer mehrfach der Atem stockt und man wieder einmal von tiefstem Ärger bis zu höchster Freude das gesamte Gefühlsspektrum durchläuft und dann das Einschlafen schwer fällt, weil man nicht zur Ruhe kommt. Dann weiß man wieder, dass es sich lohnt den Fußball zu lieben.“

 

Finale der Premier League 2012

City rächt Bayern

„Verhaltener Jubel, weil der Ausgleich nicht reicht.  Jeder weiß, dass noch ein Tor her muss, aber auch, dass vielleicht nur noch Zeit für eine Chance bleibt. Hoher Ball, im Fallen und mit letzter Kraft der Pass von Balotelli und dann in der 94. Minute der letzte Torschuss der Premier-League-Saison…abgefälscht und…drin! Tor Aguero, Sieg City, Meister City. Damit ist Bayern zwar nicht gänzlich gerächt, das ginge nur im Champions-League-Finale, aber United weiß jetzt wie es sich anfühlt wegen zwei Toren in der Nachspielzeit einen Titel zu verlieren und das ist schon eine Genugtuung.“

 

Champions-League-Finale 2012

Die silberne Generation

„In der Verlängerung war das Spiel ausgeglichener, was auch mit den defensiven Wechseln der Münchner und den offensiven Chelseas zusammenhing. Der von Robben verschossene Elfmeter in der 95. Minute war dann gleich in zwei Hinsichten sehr fragwürdig. Warum schießt ein Spieler, der von den zwei großen Elfmetern der Saison nur einen verwandelte und der sich im Halbfinale nicht einmal getraut hatte, beim Elfmeterschießen anzutreten? Und warum kann ein Führungsspieler vom Schlage Schweinsteigers dabei nicht einmal zusehen? Der Elfmeter war zögerlich geschossen, ging vorbei und mit Schweinsteigers Verhalten waren Signale gesandt worden, die später im Elfmeterschießen wiederum zum Tragen kamen. Die zweite Chance für den Sieg war vertan. Vor dem Elfmeterschießen schließlich, hatte sich das psychologische Blatt gewandelt.“

 

Fußball-Europameisterschaft 2012: Deutschland 1 – 2 Italien

Die Unvollendeten

„Kopfschüttelnd kommen einem im Nachgang des Halbfinales Deutschland gegen Italien vor allem Fragen in  den Sinn. Warum spielte nicht Reus, der gegen Griechenland so überzeugt hatte? Warum lief die Mannschaft Balotelli genau so ins Messer, wie Tage zuvor England? Warum wechselte der Trainer in der Pause Stürmer gegen Stürmer, wo doch zwei Tore fehlten? Wo waren Özil und Schweinsteiger? Über die Angst in den Köpfen hatten wir gesprochen. Nach dem ersten Gegentor war sie da und die deutsche Mannschaft konnte sie bis zum Schluss nicht mehr ablegen. Das Halbfinale geriet zur Lehrstunde. Eine harmlose deutsche Mannschaft scheiterte an ihrer Reifeprüfung und bleibt so unvollendet. Natürlich ist daran auch der Trainer Schuld. Es war die falsche Strategie fast ausschließlich auf den Bayern-Block zu setzen. Zudem erschienen die Wechselspiele nicht durchdacht. Gegen Italien fehlte Selbstvertrauen und Wille. Als die Mannschaft zum ersten Mal in Schwierigkeiten war, brach sie zusammen, während ihr Trainer auf der Bank kauerte und an seinen Nägeln kaute.“
Olympische Spiele 2012 – Deutschlandachter siegt

Gold für den Deutschlandachter! Der Mythos lebt.

„Das harte Training unter Ralf Holtmeyer, der diese Mannschaft sorgfältig ausgewählt, getestet und dann auf dieses Niveau gepeitscht hat, gab letztendlich den Ausschlag. 36 Rennen ohne Niederlage beweisen, dass der Mythos Deutschlandachter wieder lebt, nein, dass er sogar brennt und heller denn je leuchtet. Nach dem WM Titel 2011 antwortete der Trainer Holtmeyer auf die Frage, ob dies der stärkste Achter aller Zeiten sei: „Warten wir mal nächstes Jahr ab.“ Jetzt haben sie geliefert und laut dem Spiegel hat selbst die britische Ruderlegende Steven Redgrave zähneknirschend eingesehen: “Ich sage es nicht gern, aber die Deutschen haben diesen Olympiasieg wirklich verdient““

 

Olympische Spiele 2012 – Hockey-Finale: Deutschland 2 – 1 Niederlande

Goldherren verteidigen den Olympiasieg

„Diese Mannschaft wächst über sich hinaus. Gerade wenn es schwierig wird, wenn es nicht so läuft, wenn sie Rückschläge erleidet, dann gehts erst richtig los. Im Halbfinale lag sie gegen Australien mit einem Tor zurück, um dann in Unterzahl während zehn Minuten das Spiel zu drehen und drei Tore zu schießen. Im Finale nun übersteht man einen munteren Start der Niederlande, geht in Führung, bekommt dann aber wenige Minuten vor Schluss den Ausgleichstreffer, nachdem vorher Großchancen vergeben worden waren. Viele Mannschaften hätten daran zu knabbern gehabt und sich hängen lassen. Diese Hockey-Herren steigern sich in solchen Situationen lieber! Mit großem Mut und Willen zum Kampf suchen sie die Entscheidung und werden von Jan Philipp Rabente belohnt: Tor, Führung, Olympiasieg! Nach dem Spiel jubeln überglückliche, es nicht fassen könnende, mehrfache Olympiasieger und lassen sich von den deutschen Fans, darunter sehr viele deutsche Medaillengewinner anderer Sportarten, großartig feiern. Die Siegerehrung wird sichtlich genossen, vielen Spielern sieht man die Rührung deutlich an. Bundestrainer Weise, der Frauen und Männer zu Olympiasiegern geformt hat, bleibt bescheiden und verweist doch auf das Konzept, welches diese Triumphe möglich gemacht hat. Man strebe nicht nach Erfolg, sondern versuche stets eine große Leistung abzurufen. Konzentriert euch auf Leistung, dann stellen sich Erfolge ein. Nicht jeder hat das begriffen!“

 

Olympische Spiele 2012

Olympischer Epilog

Damit können die Olympischen Spiele nicht als der Fehlschlag gewertet werden,  zu dem sie in den Medien gemacht wurden. Geschlagen nur von den Vereinigten Staaten, China, Großbritannien, Russland und nach einer Lesart Südkorea, präsentierte sich eine starke deutsche Mannschaft, deren Auftreten auch noch durch die Goldmedaille der Hockey-Herren gekrönt wurde. Die Zuschauer spürten und honorierten das. Die Einschaltquoten waren durchweg sehr gut und der Empfang der MS Olympia in Hamburg hätte überschwänglicher nicht sein können. Zehntausende säumten das Elbufer und die Innenstadt und begrüßten eine durch die Wettkämpfe und das Feiern ermüdete Mannschaft. Den Hockey-Spielern wird nachgesagt, dass sie das Schiff im Jubelrausch beinahe versenkt hätten. Recht so! Wer leistet, muss auch feiern.

 

Ryder Cup 2012: Epilog

Martin, egal wie, das Team braucht deinen Punkt!

„Die Aufholjagd nahm ihren Lauf und als es nach acht Einzeln unentschieden stand, ahnte man langsam, dass es auf Martin Kaymer ankommen könnte. Mit der gleichen Intuition erwartete Olazábal den Deutschen dann am 16. Loch und schwor ihn mit eindringlicher Stimme ein: “Martin, egal wie, wir brauchen deinen Punkt!” Beiden wird in diesem Moment bewusst geworden sein, dass ihre Karriere in den nächsten Minuten kulminieren würde. […] Als dann der Putt seines Lebens anstand, war Kaymer bereit: “Ich wusste, dass es der Putt für den Ryder Cup ist und dachte mir: Weißte Martin, auf diese Situation hast du so lange gewartet. Also versuch jetzt, das Beste draus zu machen”. […] Das Ergebnis und die Geschichte seines Zustandekommens haben den Ryder Cup 2012 für alle Beteiligten und auch die Zuschauer zu einem einmaligen Erlebnis gemacht. Vielleicht ist es schließlich jener Moment, der am meisten berührt und der einen gewahr werden lässt, dass hier etwas Besonderes passiert ist: Wenn vier Engländer überschwänglich die große Tat eines Deutschen bejubeln, weil sie zusammen gehören! Fulminant!“

 

Formel 1: Der Champion tritt ab

Michael der Große

„Michael Schumacher hat uns inspiriert. Er verkörpert nun schon seit zwei Jahrzehnten Ansporn, Ehrgeiz und Können auf der höchsten Ebene. Schon seine Anfänge ließen auf Großes hoffen. Vom ersten Rennen an, ließ er keinen Zweifel an seinen Zielen. Mit zuweilen grimmiger Entschlossenheit ging er zu Werke und schonte weder sich, die Konkurrenz noch das Material. Schumachers Fahrstil sucht in der Geschichte seinesgleichen. Damon Hill analysiert in unten angefügtem Video seine Klasse und konzediert: “Er ist sehr gut”, mit einer Betonung auf dem “sehr” und amüsiert sich darüber, dass “er gar nicht versteht, warum es nicht jeder kann”. Wir kennen es auch in Ansätzen, das Gefühl nicht nachvollziehen zu können, dass jemand etwas nicht vermag, das einem selbst leicht fällt. Schumacher muss wohl ein großer Kenner dieses Unverständnisses sein. Die englischen Autoren des Videos zeigen, was ihn von allen Fahrern unterscheidet. Es ist der äußerst gefühlvolle, fast zärtliche Umgang mit dem Gaspedal, der es ihm ermöglicht höhere Kurvengeschwindigkeiten zu erreichen. Dagegen sind dann die Lenkbewegungen des Champions im Vergleich geradezu erratisch. Sie müssen es sein. Die höhere Geschwindigkeit gilt es eben zu bewältigen. Schumacher kommt näher an den Grenzbereich heran. Und das über die volle Renndistanz. Und über zwanzig Jahre!“

 

Formel 1: Finale Grande

Fangio, Schumacher, Seb!

„Zum Schluss der Saison ist er sogar wieder Favorit, geht mit Vorsprung nach Interlagos und dann ein solcher Nervenkrieg! Eigentlich ist nach zwei Kurven bereits alles vorbei! Vom eigenen Teammitglied Webber in arge Bedrängnis gebracht, wird Vettel im Pulk gedreht, sein Auto beschädigt, mehrere Fahrer können ihm gerade noch so ausweichen und Seb muss sich wieder einmal auf dem letzten Platz einreihen. Man stelle sich das vor, in der vierten Kurve des wichtigsten Rennens der Saison steht man falsch herum und sieht das Feld auf sich zurasen. Selbst der Zuschauer kann den Schreck kaum abschütteln, wie muss das erst für den Fahrer sein! Seb klingt zunächst beeindruckt, möchte aufgrund der Beschädigung an die Box, dort beschwichtigt man, weil das Team hier eh nichts ausrichten könnte. Seb fasst sich und reagiert unnachahmlich: schnellste Rennrunde! Doch wie viele Rückschlage wird er in diesen 71 Runden noch wegstecken müssen. Und dabei stets Glauben und Konzentration bewahren, das unterscheidet ihn von normalen Spitzenfahrern. Er hadert einfach nicht, sondern ruft seine Leistung ab. Das kann nicht jeder! […] Wenige Runden vor Schluss findet auf der Strecke ein Wachwechsel statt. Vettel trifft auf Schumacher, der kampflos das Feld räumt und Vettel ziehen lässt. Zwei Generationen, zwei Freunde, zehn WM-Titel!“

 

Europapokal 2012

Europäische Träume!

„Diese schon hohen Erwartungen wurden nach Abschluss der Hinrunde nun sogar noch deutlich übertroffen. Alle sieben deutschen Clubs haben die Gruppenphase überstanden und überwintern in den europäischen Wettbewerben. Damit ist Deutschland der einzige von den 53 UEFA-Verbänden, der noch vollzählig vertreten ist! Zusätzlich sind alle deutschen Champions-League-Teilnehmer auch Gruppensieger. Das gab es noch nie! Die Aussichten für die KO-Phase sind weiter rosig. Die Gruppensieger können nicht auf Barca oder Manu treffen, vielleicht noch wichtiger jedoch, als dieser Fakt ist ein Gefühl: Eine solche Begegnung hat aus deutscher Sicht ihren Schrecken verloren! Und es kommt noch besser. In der Fünfjahreswertung wankt England. Die Inselclubs liegen zwar noch mit 2,634 Punkten vor der Bundesliga, sie werden aber nächstes Jahr 2,313 Punkte Vorsprung aus der Saison 2008/2009 verlieren. Die Differenz ist minimal und wir haben mit sieben Vereinen sogar noch ein Pferd mehr im Rennen! Jedes deutsch-englische Duell zählt jetzt doppelt!“

 

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