Fußball-Weltmeisterschaft 2014: Finale

Und siehe da, sie blühn!

Deutschland ist Weltmeister. Nach 24 Jahren des Darbens, krönt sich unsere goldene Generation mit dem Titel und schenkt uns den vierten Stern. Die Renaissance des deutschen Fußballs ist vollendet.

 

Vor der Weltmeisterschaft verspürten wir eine zaghafte Zuversicht: „Die Sehnsucht will den Sieg. Kann Deutschland einmal wieder Weltmeister sein? Der Geist sagt nein, doch sein Herz schreit ja!“ Im Turnierverlauf wurde aus Zuversicht unerschütterliches Selbstvertrauen und als Thomas Müller uns vor dem Finale versprach: „Wir werden alles in die Waagschale werfen!“, da fühlte es sich schließlich an wie Gewissheit. Wir waren überzeugt, dass diese Mannschaft ihr Versprechen einlösen würde.

 

Und wie ihr das gelingen sollte! Maracanã, der Sehnsuchtsort, wurde gestern Nachmittag Zeuge einer epischen Schlacht zweier Fußballmannschaften, die einander nichts schenkten. Es sollte ein Finale sein, welchem wir uns noch lange mit Staunen erinnern werden. Und Argentinien kann Stolz auf den Auftritt sein, den das Team lieferte. Die Weiß-Himmelblauen agierten geschlossen, hart und strahlten über Konter ständige Gefährlichkeit aus. Allein die schiere Präsenz Manuel Neuers, ließ sie jedoch allesamt vor dem Tor erstarren. Selbst der Über-Spieler Messi vergab mitunter freistehend und konnte nicht verhindern, dass sein Team zuletzt ohne Schuss auf das Tor blieb.

 

Deutschland hingegen begann, nachdem es realisieren musste, dass für Virtuosität keine Räume zur Verfügung standen, erbittert zu kämpfen. Objektiv lief die Mannschaft im Spielverlauf zehn Kilometer mehr als der Gegner. Subjektiv wies sie dabei zudem die bedeutend höhere Intensität auf. Stellvertretend hervorzuheben ist Sebastian Schweinsteiger, der wie bereits gegen Algerien dann zur Höchstform auflief, als es am schwersten wurde. Keiner kämpfte mehr als er und ohne ihn wäre ein Sieg nicht möglich gewesen. Ihm, dem Kapitän ohne Binde, verdanken wir den Titel.

 

Je länger das Spiel dauerte, umso stärker konnte sich die deutsche Mannschaft durchsetzen. Und so verschaffte der Schlusspfiff der regulären Spielzeit die erste Erleichterung, weil er dem möglichen Zufallstreffer den Schrecken raubte. Und während bei Freunden bereits Befürchtungen hinsichtlich einer Schändung unserer unbefleckten Elfmeterhistorie aufkeimten, hielten wir dagegen: „Wir machen das jetzt ganz kühl in der Verlängerung“. Aber im Wissen um die Macht des unerhörten Ereignisses im Fußball, verspürten wir im Inneren ebenfalls eine pochende Angst, um die Früchte des wunderbaren Kampfes gebracht zu werden.

 

Doch ohne diese Angst, die uns schwitzen lässt und die Sprache raubt, die an uns zerrt und derer wir uns nicht entledigen können, gäbe es auch keine Erlösung. Wenn sich dann in der 113. Minute eine Mechanik in Gang setzt, die über die linke Seite einen Schürrle wie wild an seinen Gegenspielern vorbeitreibt und ihn die perfekte Flanke schlagen lässt, dann steht die Zeit still. Und wenn wir plötzlich den goldenen Jungen sehen, wie er mit großer Ruhe diesen Ball von seiner Schulter abtropfen lässt und schließlich die flüssigste aller Bewegungen im Fallen in den Torschuss münden lässt, dann ist es plötzlich da: das reine Glück.

 

Die letzten Minuten schließlich möchten nicht vergehen und wir schreien: „Nichts möge uns diesen Sieg mehr entreißen.“ Und warum auch hätten sich die Mächte gegen uns verschworen haben sollen?

 

Was bleibt ist, wie es die Tageszeitung „Libération“ nicht treffender beschrieben haben könnte, eine „sanfte Glückseligkeit“, in der Spieler, ihre Frauen und Kinder auf dem Rasen gefeiert hätten und die wir gleichsam spürten und noch lange spüren werden.

 

Am 7. Juni 2012 hatten wir nach unserem größten Dichter über die Nationalmannschaft geschrieben: „Es sind Rosen und sie werden blühn!“ Und wie sie das tun. Die FAZ spricht heute von der „vierten mythischen Station“ auf den „Traumpfaden“ des deutschen Fußballs. Wir sind angekommen. Und nun sind sie zu Ende, die verrückt schönen Sommerwochen, derer wir uns für immer erinnern werden. Deutschland ist Weltmeister.

 

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