Olympische Spiele 2012

Die Krise der Mannschaften

Seit der Wiedervereinigung sind nie weniger Athleten zu olympischen Spielen entsandt worden, als dieses Mal. Grund hierfür ist eine ausgeprägte Krise der deutschen Mannschaften. Im Fußball, Basketball und Handball werden sich sowohl Männer, als auch Frauen die Spiele von zu Hause anschauen müssen.

Während es zwischen 1992 und 2008 immer zwischen fünf und acht Mannschaften waren, die sich für Olympia qualifiziert hatten, so werden die deutschen Farben in London nur von den Volleyballern und den Hockeymannschaften der Herren und Damen vertreten. Alles in allem ist das deutsche Abschneiden in der Qualifikation somit eine herbe Enttäuschung! Woran liegt das? Weswegen kann hier das durch Bevölkerungszahl, Wohlstand und Infrastruktur vorhandene Potential nicht abgerufen werden?

 

Im Fußball ist das Versagen am schmerzlichsten, weil die Möglichkeiten am offenkundigsten verschwendet werden. Traditionell wird der U23 von Seiten des DFB ein zu kleiner Wert beigemessen. So ist es schon häufig geschehen, dass die Nachwuchsmannschaft vor wichtigen Qualifikationsspielen für Olympia wegen Freundschaftsspielen der A-Mannschaft ihrer besten Spieler beraubt oder gar geplündert wurde. Das ist ein eklatanter, unverständlicher Fehler. Wie ist es möglich, dass seit 1988 keine deutsche Herren-Fußballmannschaft mehr bei Olympia angetreten ist? Die nächste Qualifikationsrunde muss Chefsache sein!

 

Anders als im Fußball, fehlen im deutschen Basket- und Handball genügend Spieler der höchsten internationalen Güte. Die Gründe erinnern stark an die deutsche Eishockey-Misere, die durch unprofessionelle Jugendarbeit, schlechte Ausländerregelungen und unzureichende Verbandsführung heraufbeschworen wurde. Hier sollte man sich an den Erfolgen der deutschen A-Nationalmannschaft in den letzten zehn Jahren orientieren und die Strukturen im Jugendbereich und den jeweiligen Ligen nach diesem Muster neu ausrichten.

 

Des Weiteren brauchen wir eine Sonderförderung für Mannschaften durch den DOSB. Erfolgreiches Abschneiden im Mannschaftssport vermag es die Stimmung der gesamten Olympiamannschaft zu heben und damit die Leistung aller Athleten zu steigern. In Sportarten abseits des großen Medieninteresses ist es allerdings schwierig als Mannschaftssportler ein ausreichendes Auskommen zu finden und so dem Erfolg alles unterordnen zu können. Hier könnte kluge Förderung Wunder bewirken!

 

Zu guter Letzt sollte man die Strukturen und Methoden des Hockeys genau unter die Lupe nehmen, um von der erfolgreichsten deutschen Olympia-Mannschaftssportart zu lernen! Darauf werden wir demnächst zurückkommen.

 

Jede Krise bietet die Chance überfällige Veränderungen anzustoßen. Heute müssen wir sie ergreifen.

Kommentare

4 Kommentare zu “Die Krise der Mannschaften
  1. Christoph Hadnagy sagt:

    Der Versuch, die meisten Mannschaftssportarten über einen Kamm zu scheren, ist vielleicht ein bisschen gewagt. Ich denke, die Gründe für die Nicht-Teilnahme sind doch ein bisschen vielfältiger als in dem Artikel dargestellt. Es fehlt ein Verweis auf die zum Teil kruden Qualifikationsregularien (man denke nur an den Damenfußball und der Quali im Rahmen der WM) bzw. die geringe Zahl europäischer Startplätze in manchen Sportarten. Im Herren-Basketball sind das neben dem Gastgeber noch vier Plätze. So katastrophal schlecht muss man also gar nicht sein, um da nicht dabei zu sein. Die Griechen, Serben, Kroaten haben’s auch nicht geschafft.
    Im Grunde will ich nur sagen: Eine gescheiterte Olympia-Quali allein darf nicht der Auslöser für grundlegende Diskussionen sein. Sonst könnte man im Umkehrschluss ja bei einer gelungenen Quali einander freudig in den Armen liegen und alle Zukunftssorgen beiseite schieben. Die langfristigen Entwicklungen sind wichtig. Und die kann man nicht an einzelnen Ereignissen festmachen.
    Und noch ein Wort zu den Fußball-Herren: das kann der DFB gar nicht richtig machen. Lässt man Jungs wie Götze, Schürrle, Özil, Hummels in der Olympiaquali antreten, verliert man deren Qualitäten für die A-Mannschaft. Und man kann sich nicht mehr öffentlichkeitswirksam des unfassbaren Jugendstils rühmen. Andererseits: Alle U-Trainer haben das Problem, dass ihnen die besten Jungs meist von der A-Mannschaft geklaut werden. Und: Das ist noch lange kein Grund für eine deutsche U21 weder gegen Island, noch in Nordirland oder daheim gegen Tschechien zu gewinnen. Zumindest für die Quali der EM hätte die Qualität reichen sollen.

  2. Benjamin Dietrich sagt:

    Das sind alles sehr valide und gut begründete Argumente, wir sind hier in vielen Punkten einig. Es stimmt, dass die Qualifikationsgestaltung in vielen Sportarten arg zu wünschen übrig lässt und dass die langfristigen Entwicklungen zählen. Dennoch glaube ich, dass die Gegenwart alarmieren sollte. Mannschaftssportarten sind das Salz in der Suppe und wir müssen als großes Land einen höheren Anspruch haben, als Griechen, Serben und Kroaten, auch wenn die angeführten Nationen im Basketball ihre Kernkompetenz haben. In Bezug auf den DFB, so ist unbestritten richtig, dass die Entscheidungen nicht einfach sind. Ich hatte allerdings recht oft das Gefühl, dass dort ohne Not gegen den Nachwuchs entschieden wurde. Dass man allerdings auch mit der B-Elf gegen unsere isländischen Freunde gewinnen muss, ist wiederum völlig richtig. Ich würde einfach gerne mal wieder eine deutsche Herrenmannschaft bei Olympia sehen! 24 Jahre sind genug! Zudem konnte bisher nur die DDR Gold gewinnen. Umso beeindruckender die Beständigkeit der Hockey-Erfolge…

  3. Fantomas sagt:

    Leider ist durch das Fehlen der Mannschaften bei Olympia bereits ein großer Schaden entstanden! Einer ganzen Generation fehlt nun ein großes Turnier. Das darf sich nicht wiederholen!

  4. […] Eishockey werden wir frühestens in fünf Jahren zu sehen bekommen. Wir hatten über die Krise der deutschen Mannschaften berichtet, sie geht vorerst weiter! Wie viele andere Mannschaftssportarten vermag es auch das […]

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