Fußball-Europameisterschaft 2012: Halbfinale Deutschland - Italien

Der Gegner ist die Angst

Englands Angstgegner wurde 1970 von einem Deutschen erfunden: das Elfmeterschießen. Deutschlands Angstgegner gibt es schon bedeutend länger, in seiner jetzigen Gestalt seit 1861, es ist Italien. Warum liegt uns die Squadra Azzurra nicht? Offensichtlich geht es eng zu, wenn der dreifache auf den vierfachen Weltmeister trifft. Oftmals entscheiden Kleinigkeiten den Ausgang solcher Duelle auf Augenhöhe. Dennoch oder vielleicht deswegen wartet Deutschland noch immer auf den ersten Turniersieg gegen Italien. Hilft uns eine Anatomie der großen Spiele?

 

Picture Alliance/Kerim Okten

 

Das Spiel des Jahrhunderts

Bei der Weltmeisterschaft  1970 in Mexiko verlor Deutschland nach Führung und Ausgleich in der Verlängerung noch tragisch mit 3:4.

 

 

Das Finale

Im einzigen Finale zwischen den beiden Mannschaften wurde Deutschland von Italien überrollt. Das Spiel endete  1:3.

 

 

Die Schmach von Dortmund

Beim WM-Halbfinale 2006 stand das Spiel auf Messers Schneide und erst die Verlängerung erlöste eine glückliche jedoch nicht unverdient siegreiche italienische Mannschaft.

 

 

Es gibt hier kein klares Muster, nur der Ausgang ist gleich. Einige Duelle hätte Deutschland auch gewinnen können. Es kam nur anders. Hadern und Grübeln ist keine Lösung. Vielleicht hilft es, ähnliche Phänomene bei anderen zu studieren und die Lektionen nüchtern auf die eigene Situation zu übertragen.

 

Das Schicksal Albions lehrt sie uns, die Macht, der sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Mit jedem verschossenen Elfmeter nährt sich der Mythos, setzt sich die Legende stärker in den Köpfen fest. Selbst eine Führung gibt den Spielern keine Sicherheit. Es genügt der stoische Pirlo, um die mühsam stabilisierte englische Psyche zu schrecken, um die Angst zu erneuern. Pirlo personifiziert die bösen Ahnungen der englischen Spieler. Er sagt nichts, aber er verkörpert es: Ich bin es, Pirlo, eure Angst, euer Versagen, euer Untergang. Alle haben es danach betont: England fährt erhobenen Hauptes nach Hause. Wir haben ebenfalls Köpfe gesehen, allerdings nur hängende. England hatte vor dem Spiel jeden Tag Elfmeter geübt und damit Symptome bekämpft.

 

Die Ursache liegt jedoch in unserem Innern. Der Gegner ist ein Teil von uns, es ist die Angst selbst. Die Lösung: Nichts darf uns ängstigen, außer dieser Angst. Denkt daran am Donnerstagabend, wenn ihr die Blauhemden seht. Nicht sie sind eure Gegner, ihr selbst seid es. Wir haben schon einmal einen Angstgegner abgelegt, unser erster und hartnäckigster war immerhin…England!

Kommentare

2 Kommentare zu “Der Gegner ist die Angst
  1. Fabi sagt:

    Die Kaltschnäuzigkeit der Italiener 1970 ist ziemlich beeindruckend.
    Eine sau starke deutsche Mannschaft die den Ball einfach nicht (oft genug) über die Linie bekommt und dagegen die Italiener, die aus gefühlt vier Chancen vier Tore machen..
    Unglaublich.

    1982 war nichts, 2006 konnte ich mir nicht anschauen 😉

  2. Fantomas sagt:

    Ich mir auch nicht! Sticht im Herz…

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